Am vierten Tag hatten wir das erste Mal eine Schicht an der Küste. Schicht bedeutet konkret mit einem Auto an der Inselküste langzufahren, Ausschau nach ankommenden Booten zu halten und ankommende Refugees zu versorgen. Das Auto wird zuvor mit jeder Menge Kleidung und Rettungsgütern ausgestattet. Ziel ist, ankommende Refugees in Empfang zu nehmen, den Menschen trockene Kleidung anzubieten und bei Fällen von Unterkühlung oder anderen Notfällen Unterstützung zu geben.


Oft haben die Schiffe auf der türkischen Seite bereits einen Kontakt zu einer*m Aktivist*in auf Chios und kontaktieren diesen, sobald sie griechische Gewässer erreicht haben. Anschliessend können Rettungsschwimmer das Boot in einen Hafen bringen. An diesem Punkt nehmen die Volunteers die Menschen in Empfang, statten sie mit trockener Kleidung aus und versorgen sie mit Essen und Trinken. Gelegentlich müssen die Freiwilligen auch akute Notfälle betreuen, wofür die allermeisten überhaupt nicht ausgebildet sind. Die griechische Regierung beschränkt sich bei dem ganzen Einsatz darauf, eine meist viel zu kleinem Bus zu sponsern, der die Refugees am Ende zu einem Registrierungscamp bringt.


Wir waren in bisher insgesamt drei Nachtschichten bei fünf Bootsankünften dabei. Dabei mussten wir glücklicherweise keinen akuten Notfall behandeln. Bei jeder Ankunft sind allerdings Kinder und Babies dabei, deren Kleidung nass war. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt eine lebensgefährliche Situation. In diesen Fällen statteten wir sie mit frischer Kleidung aus und sorgten für eine Stabilisierung ihres Zustandes.


Nach drei Nachtschichten kommt irgendwann der Rhytmus aus einem heraus, man schläft ein-, maximal zweimal am Tag vier Stunden und ist ansonsten unterwegs. Wenn gerade keine Refugees ankommen, patroulliert man an der Küste entlang, säubert eventüll ein paar Strände und hält Ausschau. überall auf der Insel liegen die Rettungswesten von angekommenen Menschen. Wenn sie länger auf Hilfe warten müssen, verbrennen sie ihre Rettungswesten, um es bei Temperaturen um die Null Grad wenigstens ein wenig warm zu haben.


Wir haben uns nach den drei Nachtschichten einen Tag „Auszeit“ genommen, um die weiteren Tage zu planen, Berichte und Fotos fertigzumachen und ein wenig aufzutanken. Einer unserer Freiwilligen wird morgen für einen Tag auf die türkische Küste reisen und zur Situation dort vor Ort zu recherchieren. Anschliessend fliegt er zurück nach Berlin. Die anderen beiden werden noch ein paar Tage bleiben, das Video fertigstellen und weiter Support leisten.